In letzter Zeit und im Zusammenhang mit der anstehenden Veröffentlichung des neuen Berichts des „Weltklimarats“ IPCC ist viel darüber geschrieben und spekuliert worden, wie das denn nun ist mit der Erderwärmung. Sie habe sich abgeschwächt in den vergangenen 15 Jahren. Passt zu diesem kühl-grauen Jahr 2013, nicht wahr? Der dunkelste Winter seit Beginn derWetteraufzeichnungen, verregneter Sommer und so weiter.

Mag ja sein. Aber erstens wird viel zu viel hinausposant und interpretiert, bevor der Bericht tatsächlich veröffentlicht ist – Spekulationen basierend auf einem Entwurf, der garantiert nochmals gründlich überarbeitet wurde. Zweitens ist offenbar eine der Hauptaussagen des Berichts, dass der derzeitige Klimawandel mit 95%iger Sicherheit menschengemacht ist. (Im letzten Bericht 2007 waren’s noch 90%.) Und drittens und vor allem:

Die Erwärmung mag sich verlangsamt haben. Aber sie findet nach wie vor statt. Und wenn man das auch nicht an jeder Lokalität so wahrnehmen kann – ein Tipp: es heißt „global“, nicht „local“ warming – so bringt sie dennoch viel Übles mit im Gepäck. Wasserknappheit und Wüstifizierung – auch gar nicht so weit weg von unserem kühlen grauen Deutschland, nämlich rund ums Mittelmeer. Intesivierung der Wetterereignisse (Colorado lässt grüßen). Die Geltscher schmelzen weiter ab, ebenso wie Eiskappen und das Nordpolarmeer. Das heißt wiederum ansteigende Meeresspiegel.

Ein weiterer Aspekt der Verlangsamung scheint in den Tiefen der Ozeane zu liegen. Die nehmen immer mehr Wärme auf, was die Erwärmung an Land verlangsamt. Ja fein, aber dann? Die Ozeane sind „inert“, sie reagieren extrem langsam. Das heißt, erst mal kann man da fein die Wärme hin abschieben bzw. das passiert halt gerade. Aber abgesehen davon, dass hierdurch riesige Systeme durcheinander geraten mit Folgen, die schwer einzuschätzen sind: Irgendwann gibt der Ozean die Wärme (und jede Menge CO2) auch wieder zurück. Und das ist dann ein nicht aufzuhaltender Gigant.

Also. Mag ja sein, dass es momentan nicht ganz so heiß hergeht wie vorhergesagt. Ist das ein Vorwand, so weiter zu machen wie bisher? Oder sollten wir nicht vielleicht lieber die Zeit nutzen, die wir dadurch eventuell gewonnen haben, um eine stabilere, lebens- und planetenfreundlichere Zukunft für unsere Kinder und deren Kinder aufzubauen…?

Falsches Signal

Veröffentlicht: 23/06/2012 in Mal im Ernst
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Ich gönne unserer Bundeskanzlerin ja ihren Spaß. Die Frau arbeitet hart, sie ist ein Fußballfan und soll bitteschön gerne ab und zu eine Pause einlegen.

Aber zu einer Zeit, in der Arktis-Stationen einen atmosphärischen CO2-Gehalt von 400 ppm messen, sollte man vielleicht nicht  zu einem Fußball-Länderspiel fliegen, während in Rio+20 verzweifelt versucht wird zu retten, was eventuell am Erdklima (sprich an Biodiversität, schmelzendem Polareis und versinkenden Inselstaaten) noch zu retten ist. Falsche Priorität, falsches Signal.

Wenn die führende Politikerin eines der einflussreichsten Länder der Welt – ein Land, das die Wirtschaftskraft hat (ja, trotz der griechischen Tragödie) und auch das technologische Wissen, um entscheidend zum Kampf gegen den Klimawandel beizutragen – wenn also diese führende Politikerin nicht ihr Alles in diesem Kampf gibt, warum sollten es dann die Entwicklungsländer tun? Warum India, warum China?

Stimmt schon, es ist gerade alles nicht so einfach. Frau Merkel muss sich um die europäische Krise kümmern, und wenn Europa in die Knie geht, gibt’s auch für den Umweltschutz (noch) weniger Geld. Stimmt auch, dass es von Berlin nach Danzig mal schnell für ein Fußballspiel hin und zurück geht, der Mehraufwand nach Brasilien ist beachtlich. Außerdem war eigentlich von vorneherein klar, dass die Politiker in Rio sich über wohlklingende Formeln hinaus zu nichts verpflichten würden. Aber diesem Gipfel fern zu bleiben und dadurch ziemlich deutlich seine (ihre) Überzeugung zu zeigen, dass der politische Kampf um die Umwelt schon verloren ist, das geht denn doch zu weit. Oder?

Er ist aber noch nicht verloren, der Kampf. Man darf, wir dürfen ihn bloß nicht mehr den Politikern überlassen, sondern wir müssen uns engagieren. Da kommt schon mal etwas bei heraus, zum Beispiel ein Stopp für vom Öl-Konzern Exxon geplante Überland-Megatransporte. Frei aus der New York Times übersetzt: WIR sind die Lösung!

Tierliebe

Veröffentlicht: 04/12/2011 in vom einen zum anderen
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Vor ein paar Tagen hat der Bundestag ein Verbot für die Haltung von Wildtieren in fahrenden Betrieben beschlossen. Mit anderen Worten, keine tanzenden Elefanten mehr im Zirkus. Tierschützer befürworten diesen Beschluss, über den jetzt die Bundesregierung entscheiden muss.

Ich war eigentlich seltenst von irgendwelchen Tiernummern im Zirkus begeistert. Vieles fand ich recht langweilig; oft habe ich mich gefragt, wie es den Tieren eigentlich dabei ergeht. Warum sollte ein Tiger sich auf Peitschenknallen hin auf die Hinterbeine stellen oder von A nach B hüpfen? Und wie steht es tatsächlich mit der Tierhaltung? Klar hat ein Tiger in freier Wildbahn mehr Auslauf als im Zirkus (oder im Zoo).

Aber ist es nicht vielleicht vertretbar, Tiger in freier Wildbahn zu „fördern“ (da liegt ja auch genug im Argen) und der Zirkustradition ein Fortbestehen zu ermöglichen?

Gestern fuhr vor mir ein klappriger VW-Bus mit dem Namenszug eines kleinen Wanderzirkusses. Ich musste an eine Freundin denken, die aus einer Zirkusfamilie stammt; daran, wie ihre Augen leuchten, wenn sie vom Zirkus erzählt – und dass kleine Zirkusse nach einem solchen Verbot wahrscheinlich zum großen Teil dicht machen müssen.

Ich glaube Monika absolut, wenn sie erzählt, dass ihre Familie ihre Tiere geliebt hat, dass die Tiere stets zuerst kamen. Und wenn das vielleicht keine „artgerechte“, sprich der freien Wildbahn vergleichbaren Haltung war, war es deswegen automatisch nicht gut für die Tiere? Oder ist die Interaktion Mensch-Tier im Zirkus nicht vielleicht eine von mehreren möglichen Existenzen auch für Wildtiere?

Wie gesagt, ich bin per se kein Freund von Tiernummern im Zirkus. Ich weiß nicht, wie es einem Zirkustiger tatsächlich und täglich ergeht, und mit Sicherheit gibt es schwarze Schafe in der Wandertierhaltung. Aber es gibt in Deutschland auch sehr strenge Vorschriften und Kontrollen durch Veterinäre. Warum muss also (wieder mal) ein Verbot her, das alles über einen Kamm schert?

40.000 Elefanten

Veröffentlicht: 22/10/2011 in Mal im Ernst

Gestern habe ich den letzten Rest meiner Frischhaltefolie aufgebraucht. Das ist an sich ja nichts Besonderes, aber diese Frischhaltefolie stammt aus dem Jahr 1995. Hat noch ein Prä-Euro-Preisetikett. Na gut, es war eine 300-Meter-Rolle; aber trotzdem bin ich ein bisschen stolz, dass ich meine Essensreste jahr(zehnt)elang mit anderen Mitteln frisch gehalten habe – nein, ich habe nicht stattdessen Alufolie genommen.

Das Ganze hat mich dann an eine Doku über die Internationale Raumstation ISS erinnert, die ich vor einer Weile bei den Kollegen der BBC gesehen habe. Die Sendung war elegant aufgebaut – eine Handvoll umweltrelevanter Themen war eingepackt in wunderbare Billder vom Weltall, immer ein Thema je ISS-Umrundung der Erde (ca. 90 Minuten). Und diese Aussage blieb hängen:

„Mit jeder Umrundung unseres Planeten durch die ISS produzieren wir 40.000 Tonnen Plastikmüll.“

40.000 Tonnen Plastik alle 90 Minuten.

Was wiegt ein Elefant, ungefähr eine Tonne? Ich stelle mir gerade 40.000 Elefanten vor. Oder 640.000 Elefanten pro Tag. 4.5 Millionen Elefanten in der Woche und 233 Millionen Elefanten im Jahr. Die Idee ist ja ganz nett, aber bei Müll statt Elefanten kann’s einem wirklich schlecht werden.

 

(Nein, das ist kein Elefant. Aber ich konnte kein urheberrechtfreies Elefanten-Plastik-Bild finden.)

Da wollte ich dann angesichts meiner Frischhaltefolienenthaltsamkeit entrüstet-selbstzufrieden den Moralapostel raushängen. Aber wenn ich ehrlich bin, muss ich gestehen, dass mein Plastikkonsum noch immer beträchtlich ist.

Also nehme ich mir hiermit vor, selbigen nochmal zu reduzieren. Milch in Flaschen kaufen statt im Tetrapack. Ah, Moment – das ist dann zwar weniger Plastik, aber höhere CO2-Emissionen beim Transport der gegenüber dem Tetrapack viel schwereren Flaschen. Scylla und Charybdis…?

Aber ich könnte ja unseren türkischen Gemüsehändler fragen, ob er mir die Oliven in einen mitgebrachten Behälter füllt. Und wenn die Bio-Tomaten im Supermarkt in Plastik verpackt ist, damit sie sich nicht ungehörigerweise mit dem daneben lose gelagerten billigeren Normal-Tomaten vermischten, sollte ich mein Bio-Futter doch woanders kaufen. Mir fällt bestimmt noch mehr ein.

Ich wette, wir alle können unseren ganz persönlichen Verpackungsmüll ohne große Mühe um 30% verringern. Wer nimmt die Wette an?

Taschen und anderer teurer Tand

Veröffentlicht: 11/09/2011 in Mal im Ernst

Eigentlich wollte ich heute endlich an die Kurzgeschichte gehen, die mich seit einer Woche belästigt, wenn mein Gehirn morgens auf dem Weg zur Arbeit auf Alpha-Wellen schaltet. Aber während des frühstücklichen Blätterns durch die Zeitung fiel mir die Sonntagsbeilage in die Hand – „main feeling“. Schickes Heftchen für die schicke Rhein-Main-Gesellschaft. Und schick hat seinen Preis.

Auf den ersten 10 Seiten oder so kann man locker € 5.000 los werden. Seidenschal für € 389, ein klassisch-zeitloses sinnliches Sitzmöbel für € 2.564 (das auch noch die Frechheit besitzt, sich als Sesselversion des Elefanten von Exupérys Kleinen Prinzen zu beziehen – „Mal’ mir einen Sessel“), ein Chronometer für € 2.500 und munter so weiter. Weiter hinten, im Sonderteil Taschen, geht es bis zu € 16.000 pro Stück Krokoleder-Beutel.

Also, ich liebe Taschen. Und ich hoffe, dies kommt jetzt nicht als neidisch oder weltverbesserisch rüber. Aber… muss das sein? Und gibt’s nix anderes, wofür man sein Geld ausgeben kann?

Meine Mutter hat früher immer was von den armen hungernden Kindern in Afrika gesagt, wenn ich in meinem Essen rumstocherte. Als ob mein Aufessen oder nicht etwas daran geändert hätte, ob diese Kinder hungern oder nicht. Tja, das ist jetzt wohl so ähnlich mit den Taschen und der Katastrophe im Sudan.

Oder Moment mal. Für € 16.000 kann man eine Menge Lebensmittelhilfe organisieren. Auch schon für € 2.564. Oder?

Die erste Rate?

Veröffentlicht: 27/08/2011 in Mal im Ernst
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Gewitter sind normal um diese Jahreszeit, Ende August. Aber so oft und so heftig, wie das hier in letzter Zeit heruntergeplattert ist und mittlere bis größere Schäden angerichtet hat, ist das denn doch vielleicht bedenkenswert. Hier, in einer Gegend, die ich bislang klimamäßig immer für eines der sichersten Gebiete Europas gehalten habe. Da frage ich mich, ob wir gerade die erste Rate dafür zahlen, dass wir seit Jahrzehnten und trotz allem Gelabere der Politiker über Emissionsreduktionen immer noch munter Millionen Tonnen von Klimagasen in die Atmosphäre pusten.

Kann ja sein, dass das normale Klimaschwankungen sind. Manche Jahre regnet’s eben etwas heftiger. Und dieser Sommer war sowieso gefühlt viel zu kalt, trotz der paar superheißen Tage. Andererseits hat die Wissenschaft immer wieder vorausgesagt, dass die Auswirkungen des Klimawandels vor allem in der Zunahme von extremen Wettersituationen liegen werden – Zunahme in der Häufigkeit und in der Intensität. Passt leider gerade ganz gut…

Gestern Abend also kündigte sich der nächste Gewittersturm an. Ich dachte an all die Schadensberichte in der Zeitung, die Unwetterwarnungen im Radio. Dachte daran, dass ich mich in letzter Zeit doch etwas unwohl gefühlt habe, wenn ich die enormen Wassermassen beobachtete, die da in kürzester Zeit auf unsere Terrasse nieder prasselten. Und das ist ja alles noch recht milde, wenn man’s mit den tropischen Stürmen vergleicht, die laut Statistik ebenfalls zunehmen. Da wird aus Unwohlsein glaube ich ziemlich schnell Angst.

Und, wird’s was daran ändern, wie Politiker und Großunternehmen mit Emissionen umgehen? Kaum. Die spüren’s ja nicht am eigenen Leib, und der Spruch “nach mir die Sintflut” nimmt aktuelle Dimensionen an.

Heute morgen mache ich die Zeitung auf und lese von der Evakuierung von Teilen New Yorks wegen des drohenden Hurrikans Irene. Ob das was ändert…?

Es geht uns ja so schlecht!

Veröffentlicht: 19/06/2011 in Mal im Ernst

Um die Frage meines letzten Posts aufzugreifen.

Vor ein, zwei Jahren hätte dieser Titel noch mehr hergegeben. So mitten in „der Krise“. Da habe ich immer gestaunt, wie voll der Parkplatz bei IKEA an einem Dienstag vormittag war. Oder Donnerstag. Oder eigentlich immer. Oder in Einkaufszentren. Offenbar war immer noch jede Menge Umsatz zu machen. (Was ich Dienstag vormittags bei IKEA gemacht habe? Na, ich war arbeitslos und hatte Zeit zum Einkaufen…)

Jetzt wird tatsächlich kaum noch gejammert. Es geht uns ja auch wieder nicht nur gut, sondern vergleichsweise saugut. Jedenfalls jedem, den ich kenne. Nur darüber, dass wir anderen helfen sollen, wird wieder gejammert. Griechenland und so – wobei das wirklich ein Thema für sich ist. Aber nicht für diesen Blog.

Zurück zum eigentlichen Thema. Es gibt viele Menschen, denen es tatsächlich schlecht geht. Bin heute mittag wieder an einem Bettler vorbeigegangen. Habe ich ihm was gegeben? Nein. Warum nicht? Hätte ich sollen? Das ist eine Frage, die mich schon lange beschäftigt.

Jedes Mal, wenn ich also an einem Bettler in unserer Fußgängerzone (und das auch noch in einer der reichsten Städte Deutschlands) vorbei gehe, passieren drei Dinge.

1. Ich gucke weg, was sofort Gewissensbisse auslöst.

2. Ich will jetzt nicht stehen bleiben, mein Portemonnaie und daraus ein paar Münzen hervorkramen und so Aufmerksamkeit auf mich ziehen. (Oder will ich vielleicht nicht die Aufmerksamkeit des Bettlers auf mich ziehen, weil ich mich dann damit auseinandersetzen muss, was immer mich aus seinen oder ihren Augen ansieht?) Statt dessen nehme ich mir zum soundsovielten Mal vor, auf dem Rückweg Kleingeld in der Tasche zu haben und das unauffällig in die Bettlerschale fallen zu lassen. Und sowieso sollte ich mir angewöhnen, Kleingeld für solche Situationen in der Tasche zu haben.

3. Und dann der Zweifel, ob das richtig wäre. Man weiß doch von Organisationen, die arme Menschen losschicken zum Betteln und dann den Großteil des Beuteguts einstreichen und in Saus und Braus leben, während ihre Werkzeuge weiterhin nix in der Tasche haben.

Weiß man wirklich? Wieviel davon stimmt? Und wie weiß ich, ob diese elend aussehende Frau mit ihrem schmutzigen, dünnen Kind ihr Geld bei einem solchen Pimp abliefert? Und wenn das so wäre, gibt es mir das Recht, meinen gutgefüllten Geldbeutel zuzuhalten und abgewandten Blickes weiter zu marschieren?

Ich denke dann auch immer mal, ich sollte zum nächsten Bäcker gehen, etwas zu essen kaufen und das dann der Frau geben. Ist das richtig? Was ist denn nun richtig?

Wäre um ein paar Antworten dankbar…

Ja geht’s uns noch ganz gut?!

Veröffentlicht: 17/06/2011 in Mal im Ernst

Kurznachricht in der Zeitung: Im Mai mehr Passagiere als je zuvor in Frankfurt.

Alles redet über den Atomausstieg, aber keiner will dafür höhere Stromkosten in Kauf nehmen, also wird’s auf mehr Kohlekraftwerke hinauslaufen. Mittelfristig zumindest, und wenn die Dinger erst mal stehen, bleiben sie wahrscheinloich am Netz. Die werden ja auch sauberer sein, und was an CO2 noch rauspufft, verbuddeln wir halt. Sequestrieren heißt das vornehm-technologisch. Sollen sich unsere Kinder und Enkel darum kümmern.

Bei all dem Atomgeschwafel wird meist „vergessen“, dass der durch unsere heilige Mobilität verursachte CO2-Ausstoß einen Großteil unseres ökologischen Desasters ausmacht. Aber wir fliegen munter weiter um die Welt. Kurztrip nach Barcelona? Klar. Sparangebot Thai Airways? Nehmen wir. In Neuseeland ist es im Januar warm? Nix wie hin!

Oder anders gesagt: Atomstrom? Nein danke. Windräder in my back yard? Nein danke. Höhere (weil sauberere) Energiekosten? Nein danke. Mehr (und billiger) fliegen als je zuvor? Ja bitte.

Ja geht’s uns noch ganz gut?!

Und was pflegen Sie so?

Veröffentlicht: 15/06/2011 in vom einen zum anderen

Also, ich pflege meine Füße.

Das wollten Sie jetzt nicht wirklich wissen, oder? Aber mal ehrlich. Unsere Füße haben eine Menge zu (er-)tragen. Andere schmieren sich teure Cremes ins Gesicht, ich schmier sie mir halt auf die Füße (und so teuer sind die auch nicht). Ist ’ne kleine Verwöhneinheit und geht ganz schnell.

Was ist sonst noch pflegenswert? Meine Pflanzen. Habe einen 15 Jahre alten Ficus Benjaminus, dem ich zweimal im Jahr sämtliche Blätter feucht abwische (und das sind geschätzte 500), damit er besser atmen kann. Die meisten Leute erklären mich für verrückt, wenn sie das sehen, aber mein Bäumchen dankt es mir, indem es länger durchhält als der Durchschnittsbenjamin und mittlerweile den Kopf unter die Decke ducken muss, so gesund und kräftig ist es.

Am pflegenswertesten aber sind mir die Freunde, und die pflegen – anders als das Grünzeug – auch tatkräftig zurück. Habe ein paar wunderbare Freundschaften, die engsten davon am weitesten weg, England, Neuseeland, Südafrika, aber in der virtuellen Welt von Email und Skype sind Entfernungen ja zum Glück egal.

All diese Pflegegedanken haben mich jetzt auch auf den etymologisch-sprachvergleichenden Pfad gelenkt. Ich pflege, ich pflege etwas zu tun, ich behandele etwas pfleglich; auf English „to care“. I care about my tree, I care for her, I take care of him, I am careful – or: I don’t care. Wird alles mit einem Wort abgedeckt – mir liegt etwas an meinem Benjamin, ich kümmere mich um ihn oder sie, ich passe auf, ist mir egal. Ist doch interessant, dass das Deutsche da mehrere Worte für verwendet, und dass eine Variante offenbar von „Kummer“ kommt. Heißt das, dass man das Pflegen in Deutschland als was Trauriges ansieht?

Interessanterweise ist das Pflegesystem in Großbritannien wohl tatsächlich etwas anders aufgebaut und anders angesehen. Sozialhilfe ist hier in Deutschland ein Zeichen des Abstiegs. Auf der Insel sind und werden die social services – zumindest nach Aussage einer meiner britischen Freundinnen und zumindest auch – gerne in Anspruch genommen und gibt es wohl viel mehr Frauen (kaum Männer), die solche Aufgaben gerne und/oder ehrenamtlich machen und entsprechend geschätzt werden. Zumindest soweit es um „sich Kümmern“ geht, alten Menschen Gesellschaft leisten und leichte Hausarbeiten erledigen etc.

So. Und wohin hat das alles nun geführt…? Aber es muss ja nicht alles immer führen. Oder?

Rasendes Herz

Veröffentlicht: 05/06/2011 in Mal im Ernst

Ich hab’ eine ganze Weile überlegt, ob ich diesen Titel verwenden kann bzw. soll oder ob er vielleicht pietätlos ist. Er stammt aus einer Autobahnbegegnung.

Vor ein paar Tagen war ich auf der Autobahn unterwegs, als ich im Rückspiegel einen Krankenwagen mit Blaulicht heran rasen sah. Als er an mir vorbei zog, sah ich, dass es kein normaler Krankenwagen war: seitlich war fett „Organspende“ aufgedruckt.

Das ging mir irgendwie durch und durch. Ich musste an die Seite fahren und erst mal tief durchschnaufen, weil mir plötzlich klar geworden war, nicht nur im Kopf, sondern auch im Bauch, was das bedeutet. Irgendwo war ein Mensch verunglückt oder für hirntot erklärt worden, irgendwo anders wartete ein anderer Mensch auf ein bestimmtes Organ, um überleben zu können. Ich dachte an einen Freund, der dringend ein neues Herz braucht, und für einen Moment überlegte ich, ob dies ein Herz für Chris sein könnte. Ein Herz, das über die Autbahn rast, um einem Menschen das Leben zu retten und diesem Menschen und seiner Familie und Freunden eine neue Chance gibt, oder wie es so treffend auf Englisch heißt „a new lease of life“. Aber auch ein Herz, das eben nicht mehr in der Brust eines eben verstorbenen Menschen schlägt und dessen Familie und Freunde jetzt trauern.

Organspende. Was für emotionale Konflikte das bedeutet. Bei meiner Autobahnbegegnung habe ich das zum ersten Mal wirklich gespürt. Trage ja schon lange einen Spenderausweis mit mir rum, hatte den damals unterschrieben, ohne lange darüber nachzudenken, weil es richtig schien. Ich will immer noch nicht darüber wirklich nachdenken, auch nach meinm Erlebnis mit dem rasenden Herz (oder was es auch war, dass da mit Tempo 180 einer Operation entgegen raste). Aber das Gefühl, dass Organspende richtig und wichtig ist, ist durch diese Begegnung noch eindeutiger geworden.